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DIE SOZIETÄT AHLS HÖLTING DR. BECKER
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Aktuelles

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News

Auf dieser Seite finden Sie aktuelle Mandanteninformationen. Wenn Sie recherchieren oder ältere Ausgaben betrachten möchten, können Sie hier unser Archiv aufrufen.

Zum Thema Arbeitsrecht

  • "Wiederholungstäterin": Kündigung wegen einer schwerwiegenden Beleidigung rechtens
  • Dass Straftaten im Betrieb schnell zu einer Kündigung des Arbeitsverhältnisses führen können, sollte mittlerweile allen klar sein. Dass auch bei Beleidigungen stets Vorsicht geboten sein sollte, versteht sich eigentlich ebenso von selbst. Im folgenden Fall des Landesarbeitsgerichts Hamm (LAG) ist dabei besonders die Urteilsbegründung interessant.

    Eine Verkäuferin war bei der Arbeit aus Versehen mit einem Kollegen zusammengestoßen. Sie meinte nun, der Kollege müsse sich bei ihr entschuldigen. Als es deshalb zu einem heftigen Streit kam, beleidigte sie den Kollegen als "Bastard". Weil die Verkäuferin bereits eine Abmahnung wegen abfälliger Äußerungen gegenüber Kollegen, Vorgesetzten und Kunden erhalten hatte, kündigte ihr der Arbeitgeber daraufhin fristgemäß. Die Verkäuferin hingehen meinte, dass die Kündigung sozial ungerechtfertigt sei, und klagte.

    Das sah das LAG anders als die Gekündigte und bestätigte die Entscheidung des Arbeitgebers. Die Beleidigung als "Bastard" war in den Augen und Ohren der Richter nämlich besonders schwerwiegend, weil der Kollege damit als unterwertiger Mensch von illegitimer Abstammung bezeichnet wurde. Die Kündigung war somit wirksam.

    Hinweis: Straftaten im Betrieb führen fast immer zu einer Kündigung. Das gilt sogar für "einfache" Beleidigungen, wenn der Arbeitnehmer zuvor abgemahnt worden ist.
     
     


    Quelle: LAG Hamm, Urt. v. 20.01.2022 - 18 Sa 645/21
    zum Thema: Arbeitsrecht

    (aus: Ausgabe 08/2022)


  • Arbeitsschutzrechtlich angemessen: Schutz- und Hygienekonzept kann einseitige Corona-Testpflicht von Arbeitnehmern rechtfertigen
  • Lange wurde darüber spekuliert, ob Arbeitgeber ihre Arbeitnehmer zu Corona-Tests im Betrieb verpflichten dürfen. Da es sich hierbei um eine grundlegende Entscheidung im Arbeitsrecht handelt, verwundert es nicht, dass diese Frage bis vor das Bundesarbeitsgericht (BAG) ging. Lesen Sie hier, wie es nun entschieden und sein Urteil begründet hat.

    Eine Flötistin war an der Bayerischen Staatsoper beschäftigt. Zu Beginn der Spielzeit 2020/21 hat die Bayerische Staatsoper zum Schutz der Mitarbeiter vor COVID-19-Erkrankungen bereits bauliche und organisatorische Maßnahmen ergriffen. Zudem hatte sie ein betriebliches Hygienekonzept entwickelt. Vorgesehen war die Verpflichtung zur Durchführung von PCR-Tests in unterschiedlichen Zeitabständen. Als Orchestermusikerin sollte die Arbeitnehmerin zunächst wie alle Mitarbeiter zu Beginn der Spielzeit einen negativen PCR-Test vorlegen und in der Folge weitere PCR-Tests im Abstand von ein bis drei Wochen vornehmen lassen. Die Bayerische Staatsoper bot hierfür kostenlose PCR-Tests an - alternativ konnten die Mitarbeiter PCR-Testbefunde eines von ihnen selbst ausgewählten Anbieters vorlegen. Der Flötistin wurde mitgeteilt, dass sie ohne Testung nicht an Aufführungen und Proben teilnehmen könne.

    Trotzdem weigerte sie sich, entsprechende Tests durchführen zu lassen. Sie meinte, die Tests seien zu ungenau und ein unverhältnismäßiger Eingriff in ihre körperliche Unversehrtheit. Zudem seien anlasslose Massentests unzulässig. Daraufhin zahlte der Freistaat Bayern für zwei Monate die Gehälter nicht mehr. Dann legte die Arbeitnehmerin doch PCR-Testbefunde vor. Schließlich verlangte sie die Bezahlung für die zwei Monate von Ende August bis Ende Oktober 2020 sowie die künftige Beschäftigung ohne Vorlegen von Tests jedweder Art.

    Die Flötistin hat ihre Klage nun vor dem BAG verloren. Der Arbeitgeber ist nach § 618 Abs. 1 Bürgerliches Gesetzbuch verpflichtet, die Arbeitsleistungen so zu regeln, dass die Arbeitnehmer gegen Gefahren für Leben und Gesundheit soweit geschützt sind. Deshalb war die Anweisung des Arbeitgebers zur Durchführung von PCR-Tests nach dem betrieblichen Hygienekonzept der Bayerischen Staatsoper rechtmäßig. Die Bayerische Staatsoper hatte zunächst technische und organisatorische Maßnahmen ergriffen - wie den Umbau des Bühnenraums und Anpassungen bei den aufzuführenden Stücken. Die auf diesem Konzept beruhenden Anweisungen an die Flötistin waren rechtmäßig. Der mit der Durchführung der Tests verbundene minimale Eingriff in die körperliche Unversehrtheit ist daher verhältnismäßig. Auch das Grundrecht auf informationelle Selbstbestimmung macht die Testanordnung nicht unzulässig, zumal ein positives Testergebnis mit Blick auf die infektionsschutzrechtlichen Meldepflichten und die Kontaktnachverfolgung ohnedies im Betrieb bekannt wird.

    Hinweis: Der Arbeitgeber ist also berechtigt, Corona-Tests zu verlangen. Diese müssen allerdings in ein konkretes Konzept eingebettet sein und dürfen nicht die einzige Maßnahme zur Vermeidung von Corona-Infektionen darstellen.


    Quelle: BAG, Urt. v. 01.06.2022 - 5 AZR 28/22
    zum Thema: Arbeitsrecht

    (aus: Ausgabe 08/2022)


  • Gewerkschaftswerbung: Arbeitgeber darf E-Mail-Versand ins Homeoffice ablehnen
  • Da Gewerkschaften auf aktive Mitglieder angewiesen sind, sollten sie im Betrieb auch um solche werben dürfen. Inwieweit sie der Arbeitgeber dabei zu unterstützen hat, wenn sich ein großer Anteil der zu Umgarnenden im Homeoffice befindet, musste im Folgenden das Arbeitsgericht Bonn (ArbG) bewerten.

    In einem Unternehmen arbeitete eine ganze Reihe von Mitarbeitern im Homeoffice. Eine Gewerkschaft verlangte von dem Arbeitgeber, dass er eine E-Mail mit von der Gewerkschaft gestalteten Inhalten an alle bei ihm beschäftigten Arbeitnehmer versendet. Der Arbeitgeber wies die Forderung nach dem Versand der E-Mail zurück, da die Gewerkschaft selbst bereits über das Intranet Möglichkeiten hatte, sich an alle Arbeitnehmer zu wenden. Damit war die Gewerkschaft nicht einverstanden und zog vor das ArbG.

    Das Gericht hielt den Versand der entsprechenden Informationen durch den Arbeitgeber vor allem deshalb nicht für erforderlich, weil die Gewerkschaften bereits über das Intranet die Gelegenheit hatten, mit den Arbeitnehmern zu kommunizieren. Die durch den Versand entstehenden Störungen im Betriebsablauf würden den Arbeitgeber übermäßig belasten - und genau an diesem Punkt kippte somit die Interessenabwägung zu Lasten der Gewerkschaft.

    Hinweis: Gewerkschaften stehen unter dem Schutz des Grundgesetzes. Deshalb dürfen sie auch im Betrieb werben. Aktiv helfen muss ihnen der Arbeitgeber dabei jedoch nicht.


    Quelle: ArbG Bonn, Urt. v. 11.05.2022 - 2 Ca 93/22
    zum Thema: Arbeitsrecht

    (aus: Ausgabe 08/2022)


  • Spontanheilung im Fitnessstudio: Bei vorgetäuschter Krankheit ist auch eine fristlose Kündigung des Ausbildungsverhältnisses möglich
  • Der "gelbe Schein" wird 2022 nicht nur in Sachen Digitalisierung immer mehr der Vergangenheit angehören - er wird auch als geflügeltes Wort für ein Alibi bei Arbeitsunlust immer stärker ins Visier von Arbeitgebern und folglich auch von Gerichten genommen. Im Folgenden versuchte sich ein Auszubildener darin, sich mithilfe einer Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung vor einer unliebsamen Pflicht zu drücken, und landete vor dem Arbeitsgericht Siegburg (ArbG).

    Der 24-Jährige ließ sich zum Sport- und Gesundheitstrainer ausbilden. Nachdem er bei einer schulischen Prüfung durchgefallen war, wurde eine Nachholprüfung angesetzt. Am Prüfungstag erschien er im Fitnessstudio seines Ausbildungsbetriebs und legte eine ärztliche Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung für drei Tage vor. Danach absolvierte er jedoch prompt ein intensives Krafttraining, ohne im Anschluss an der Prüfung in der Berufsschule teilzunehmen. Folglich erhielt der Azubi die fristlose Kündigung, gegen die er eine Kündigungsschutzklage erhob.

    Das ArbG wies die Klage jedoch ab und hielt die fristlose Kündigung für gerechtfertigt. Der wichtige Kündigungsgrund lag darin, dass sich der Azubi die Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung nur ausstellen ließ, um den angesetzten Nachholprüfungen zu entgehen - eine ganz erhebliche Pflichtverletzung. Dem Vortrag des Azubis, er sei erst krank gewesen, dann jedoch spontan genesen, und schließlich habe er auch gearbeitet, glaubte das Gericht nicht. Kein Auszubildender darf davon ausgehen, dass dessen Ausbilder es hinnimmt, falsche Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen vorgelegt zu bekommen, um sich den anstehenden Prüfungen zu entziehen - insbesondere, wenn es sich um Nachholprüfungen handelt.

    Hinweis: Je näher das Ausbildungsende ist, desto schwerwiegender müssen die Kündigungsgründe sein. Dieser Fall zeigt aber auch, dass kurz vor Beendigung der Ausbildung eine Kündigung möglich sein kann.


    Quelle: ArbG Siegburg, Urt. v. 17.03.2022 - 5 Ca 1849/21
    zum Thema: Arbeitsrecht

    (aus: Ausgabe 08/2022)


  • Unregistrierte Raucherpausen: Kündigung nach Verletzung der Pflicht zur ordnungsgemäßen Pausendokumentation
  • Die Sache mit dem Glimmstängel während der Arbeitszeit ist immer wieder ein Grund für Arbeitgeber und -nehmer, sich arbeitsrechtlich in den Haaren zu liegen. Bei all dem Für und Wider sollten Arbeitnehmer eines jedoch nie vergessen, wenn sie Raucherpausen wahrzunehmen gedenken: Stempeln Sie sich aus und wieder ein. Ansonsten verläuft der Rechtsstreit schnell wie der folgende vor dem Landesarbeitsgericht Thüringen (LAG).

    Eine Arbeitnehmerin war bereits seit dem Jahr 1990 für den Arbeitgeber in Vollzeit tätig. Die Arbeitszeit konnten sich die Angestellten relativ flexibel einteilen. Dabei waren sie allerdings verpflichtet, sich bei jedem Betreten oder Verlassen des Dienstgebäudes an- und abzumelden. Diese Regelung galt ausdrücklich auch für Pausen. Die Arbeitnehmerin verließ mehrfach am Tag während der Arbeitszeit das Dienstgebäude, um eine Zigarettenpause einzulegen. Dabei verzichtete sie immer wieder darauf, sich aus- und später wieder einzustempeln. Bei einem Abgleich mit dem Buchungsjournal der Arbeitszeiterfassung stellte der Arbeitgeber fest, dass die Arbeitnehmerin an drei Tagen keine einzige Pause, sondern lediglich Beginn und Ende ihrer Arbeitszeit gebucht hatte. Für das Verhalten entschuldigte sie sich. Trotzdem kündigte der Arbeitgeber das Arbeitsverhältnis fristlos, hilfsweise fristgerecht. Die Arbeitnehmerin wehrte sich dagegen mit einer Kündigungsschutzklage.

    Das LAG hielt die außerordentliche Kündigung zwar für unwirksam - die ordentliche, fristgerechte Kündigung jedoch für wirksam. Es sah in dem Verhalten der Arbeitnehmerin einen Arbeitszeitbetrug. Die Richter stellten klar, dass Arbeitnehmer, die es systematisch unterlassen, sich für eine Rauchpause abzumelden, grundsätzlich eine schwerwiegende Pflichtverletzung (§ 626 Abs. 1 Bürgerliches Gesetzbuch) begehen. Das Gericht entschied zudem, dass die Wirksamkeit der fristgerechten, ordentlichen Kündigung nicht an ihrer fehlenden sozialen Rechtfertigung nach § 1 Abs. 2 Kündigungsschutzgesetz scheitere. Die Arbeitnehmerin hatte sich insoweit auf ihre Nikotinsucht berufen. Die Richter schmetterten das Argument damit ab, dass diese allenfalls die Anzahl der Raucherpausen erklären könne - für die Verletzung der Pflicht zur ordnungsgemäßen Dokumentation liege keine soziale Rechtfertigung vor. Wegen der Schwere der Pflichtverletzung stellt sich die ordentliche, verhaltensbedingte Kündigung auch nach der durchzuführenden Interessenabwägung als sozial gerechtfertigt dar.

    Hinweis: Wer sich also für eine Pause nicht ordnungsgemäß ab- und anmeldet, kann einen Arbeitszeitbetrug begehen. Dabei handelt es sich um ein schwerwiegendes Delikt. Denn der Arbeitgeber bezahlt Zeit, für die er keine Gegenleistung erhält.


    Quelle: LAG Thüringen, Urt. v. 03.05.2022 - 1 Sa 18/21
    zum Thema: Arbeitsrecht

    (aus: Ausgabe 08/2022)


Zum Thema Erbrecht

  • Antragstellerposition entscheidend: Antrag zur Befreiung von Gerichtsgebühren des Testamentsvollstreckers muss durch Erben erfolgen
  • Erben können unter bestimmten Voraussetzungen im Erbscheinsverfahren von der Zahlung von Gerichtsgebühren befreit werden. Dies ist beispielsweise dann der Fall, wenn es sich bei dem Erben um einen gemeinnützigen Verein handelt. Ob diese Gebührenbefreiung des Erben auch für den Testamentsvollstrecker gilt, war Kern eines Verfahrens vor dem Oberlandesgericht Frankfurt am Main (OLG).

    Der im Jahr 2016 verstorbene Erblasser hatte aufgrund eines handschriftlichen Testaments einen Kinderhospiz e.V. sowie einen Kinderdorf e.V. hälftig zu Erben und zudem eine Testamentsvollstreckerin eingesetzt. Diese beantragte neben dem Testamentsvollstreckerzeugnis auch einen Erbschein zugunsten der eingesetzten gemeinnützigen Vereine. Das Nachlassgericht forderte von der Testamentsvollstreckerin Gerichtskosten für den beantragten Erbschein. Die hiergegen eingelegte Beschwerde war erfolglos.

    Auch das OLG war in Abweichung zu einer eigenen Entscheidung aus dem Jahr 2016 der Ansicht, dass es für die Gebührenbefreiung nur auf die Position des Antragstellers ankomme. Hieran ändert auch nichts, dass der Antrag dem Interesse der Erben dient. Die Testamentsvollstreckerin muss die Kosten als Antragstellerin daher selbst tragen.

    Hinweis: Sofern überhaupt ein Erbschein benötigt wird, empfiehlt es sich, dass ein Antrag unmittelbar durch einen Miterben gestellt wird.


    Quelle: OLG Frankfurt am Main, Beschl. v. 16.03.2022 - 21 W 10/22
    zum Thema: Erbrecht

    (aus: Ausgabe 08/2022)


  • Berliner Testament: Wechselbezügliche Verfügungen von kinderlosen Eheleuten sind bindend
  • In dem sogenannten Berliner Testament setzen sich Eheleute gegenseitig als Erben ein und bestimmen, dass nach dem Tod des Überlebenden der beiderseitige Nachlass an einen Dritten fallen soll. Behalten sich die Eheleute nicht vor, dass der Überlebende nach dem Tod des Ehepartners diese Verfügungen nachträglich noch ändern darf, unterliegen derartige wechselbezügliche Verfügungen einer Bindungswirkung und können nach dem Tod des zuerst verstorbenen Ehepartners nicht mehr abgeändert werden. Ein solcher Fall landete kürzlich vor dem Oberlandesgericht Düsseldorf (OLG).

    Die Eheleute dieses Falls hatten sich zunächst aufgrund eines handschriftlichen Testaments im Jahr 1997 gegenseitig "im Falle unseres Todes" zu Alleinerben eingesetzt. Im Jahr 2004 hatten beide dann eine weitere Verfügung getroffen und mehrere Personen zu Miterben eingesetzt, unter anderem eine Nichte des Erblassers sowie einen Neffen der Ehefrau des Erblassers. Nach dem Tod der Ehefrau hatte der Erblasser im Jahr 2015 ein weiteres Testament errichtet und eine abweichende Verfügung bezüglich der Schlusserben getroffen. Der Neffe der Ehefrau, der in dem Testament aus dem Jahr 2004 als Erbe bedacht war, beantragte einen Erbschein, der ihn als Alleinerben ausweist. Das Amtsgericht hat den Antrag zurückgewiesen und dies damit begründet, der Erblasser habe im Jahr 2015 eine wirksame abweichende Verfügung getroffen.

    Das OLG kam jedoch zu dem Ergebnis, dass in einem Fall, in dem sich kinderlos gebliebene Ehepartner in einem gemeinschaftlichen Testament gegenseitig zu Alleinerben einsetzen und Verwandte beider Seiten zu Schlusserben eingesetzt werden, die letztwilligen Verfügungen in mehrfacher Hinsicht wechselbezüglich sind. In Ermangelung anderer Anhaltspunkte bezieht sich diese Wechselbezüglichkeit auf die Einsetzung der Eheleute zu gegenseitigen Alleinerben, auf die gegenseitige Einsetzung und die Berufung von eigenen Verwandten als Schlusserben sowie die Schlusserbeneinsetzung als solche. Der Neffe konnte einen Erbschein auf der Basis des Testaments aus dem Jahr 2004 erhalten, wobei das Gericht feststellte, dass er zusammen mit seiner Ehefrau lediglich Miterbe geworden war.

    Hinweis: Wollen die Eheleute im Zusammenhang mit einem Berliner Testament dem überlebenden Ehegatten die Möglichkeit einräumen, nach dem Tod des ersten Ehepartners die letztwillige Verfügung noch abändern zu können, muss dies ausdrücklich festgehalten werden.
     
     
     


    Quelle: OLG Düsseldorf, Beschl. v. 11.04.2022 - I-3 Wx 82/21
    zum Thema: Erbrecht

    (aus: Ausgabe 08/2022)


  • Erbschaft in Marokko: Über den Einsatz außerhalb der EU vererbten Vermögens im Sozialrecht
  • Leistungsempfänger im Sozialrecht müssen in einem gewissen Umfang vorhandenes Vermögen vorrangig zur Deckung ihres täglichen Lebensbedarfs einsetzen. Dies gilt auch dann, wenn der Leistungsbezieher durch Erbschaft zu Vermögen kommt. Das Sozialgericht Gießen (SG) musste sich in diesem Zusammenhang mit der Frage beschäftigen, welches Erbrecht in einem Fall anzuwenden ist, bei dem das Immobilienvermögen in Marokko lag, der Erblasser aber deutscher Staatsangehöriger war.

    Die Witwe des verstorbenen Ehemanns war seit Jahren bereits Leistungsbezieherin bei dem zuständigen Jobcenter. Der Erblasser hatte zwei Töchter aus einer ersten Ehe. Zwischen der Witwe und dem Jobcenter war streitig, ob die Frau überhaupt Erbin nach dem verstorbenen Ehemann geworden sei. Aus diesem Grund hatte sich das SG mit der Frage zu beschäftigen, welches Erbrecht anzuwenden war - insbesondere, da die Immobilie außerhalb der EU lag.

    Für Erbfälle, die nach dem 17.08.2015 eingetreten sind und die einen Auslandsbezug haben, gilt die sogenannte EU-Erbrechtsverordnung, die im Grunde auf den gewöhnlichen Aufenthalt des Erblassers abstellt, wenn dieser eine EU-Staatsangehörigkeit besitzt. Da der gewöhnliche Aufenthalt hier in Deutschland lag, war nach Ansicht des Gerichts deutsches Recht anzuwenden. Das Gericht hat zudem geprüft, zu welchem Ergebnis man gelangen würde, fände marokkanisches Recht Anwendung: Nach marokkanischem Recht bestimmt sich die Erbfolge nach dem Tod eines Ausländers nach dem Recht des Landes seiner Staatsangehörigkeit.

    Hinweis: Sozialrechtlich besteht eine grundsätzliche Pflicht, ein solches Erbe geltend zu machen und einzusetzen. Zumindest muss ein Erbschein beantragt werden, was die Witwe bislang nicht getan hatte. Das Jobcenter bewilligt auf Antrag auch Leistungen zur Beantragung eines Erbscheins.


    Quelle: SG Gießen, Urt. v. 20.04.2022 - S 29 AS 279/20
    zum Thema: Erbrecht

    (aus: Ausgabe 08/2022)


  • Grenzüberschreitende Erbfälle: Angerufenes Gericht des Mitgliedstaats muss Kriterien für subsidiäre Zuständigkeit prüfen
  • Die EU-Erbrechtsverordnung ist entstanden, um es EU-Bürgern zu ermöglichen, ihre Rechte als Erben und Vermächtnisnehmer effektiv zu wahren. Sie ist daher so angelegt, dass ein in einer Erbsache befasstes (nationales) Gericht in den meisten Situationen sein eigenes Recht anwenden kann. Hierfür hat die Verordnung eine Reihe von Zuständigkeitsregeln aufgestellt, die zuletzt Gegenstand einer Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) waren.

    Der Erblasser war französischer Staatsangehöriger und verstarb 2015 in Frankreich, wo er Nachlassvermögen hatte. Von 1981 bis August 2012 lebte er im Vereinigten Königreich, wo er 1996 eine britische Staatsangehörige geheiratet hatte. Aus dieser Ehe hinterließ er drei Kinder, die in Frankreich lebten. Diese wandten sich an das in Frankreich zuständige Regionalgericht und beriefen sich auf dessen Zuständigkeit nach der Grundregel der EU-Erbrechtsverordnung, da nach deren Ansicht der Erblasser zum Zeitpunkt des Todes dort seinen gewöhnlichen Aufenthalt hatte.

    Das Gericht ging zunächst von seiner Zuständigkeit aus und bestellte einen Nachlassverwalter. Das Berufungsgericht hob diese Entscheidung auf und begründete dies damit, dass der Erblasser zum Zeitpunkt seines Todes noch immer seinen gewöhnlichen Aufenthalt im Vereinigten Königreich hatte. Gegen diese Entscheidung legten die Kinder des Erblassers Beschwerde ein und begründeten dies damit, dass das Gericht, nachdem es die Zuständigkeit aufgrund des gewöhnlichen Aufenthalts verneint hatte, hätte prüfen müssen, ob eine andere (subsidiäre) Zuständigkeit des französischen Gerichts dadurch gegeben sei, dass sich das Nachlassvermögen in Frankreich befunden hat.

    Das Gericht hat diese Frage zur Beantwortung dem EuGH vorgelegt, der im Sinne der Kinder entschieden hat. Das französische Gericht (Cour de cassation) hat den Rechtsstreit nunmehr unter Berücksichtigung der Entscheidung des EuGH zu entscheiden.

    Hinweis: Die Entscheidung hat ebenfalls Bedeutung für grenzüberschreitende Erbfälle, die vor einem deutschen Gericht verhandelt werden. Auch in der deutschen Gerichtsbarkeit gilt somit, dass das angerufene Gericht, sofern es seine Zuständigkeit wegen des fehlenden gewöhnlichen Aufenthalts des Erblassers in Deutschland verneint, von Amts wegen zu prüfen hat, ob seine Zuständigkeit aufgrund eines Nachlassvermögens in Deutschland nicht doch begründet ist.


    Quelle: EuGH, Urt. v. 07.04.2022 - C-645/20
    zum Thema: Erbrecht

    (aus: Ausgabe 08/2022)


  • Grundbuchberichtigung: Pflicht zur Ermittlung von Nacherben von Amts wegen
  • Das Grundbuch ist zu berichtigen, wenn es objektiv unrichtig ist. Im Zuge eines solchen Berichtigungsverfahrens liegen Pflichten teilweise bei den Beteiligten - teilweise sind sie aber auch durch das Gericht von Amts wegen zu berücksichtigen. Wie eine solche vage Aussage in der Realität handfest umgesetzt wird, zeigt der folgende Fall des Oberlandesgerichts Hamm (OLG).

    Hier war aufgrund eines Testaments aus dem Jahr 1953 eine Vor- und Nacherbschaft angeordnet und bezüglich einer Immobilie ein entsprechender Nacherbenvermerk im Grundbuch zu Sicherungszwecken eingetragen worden. Im Jahr 1963 wurde die Immobilie durch die Miterbin und die befreite Vorerbin veräußert. Der aktuelle Eigentümer beantragte im Jahr 2021 nunmehr die Löschung dieses Nacherbenvermerks mit der Begründung, die Immobilie sei durch die Veräußerung vollständig aus der Nacherbschaft herausgefallen, weshalb das Grundbuch damit unrichtig sei. Das Grundbuchamt hat den Antrag zurückgewiesen, weil die Nacherben vor der Löschung angehört werden müssen, diese aber nicht ermittelt werden konnten.

    Die hiergegen gerichtete Beschwerde hatte Erfolg und führte zur Zurückverweisung an das Grundbuchamt. Das OLG bemängelte, dass das Grundbuchamt nicht alle denkbaren Ermittlungen angestellt habe, um die Nacherben zu ermitteln. Die Ermittlung der am Verfahren zu beteiligenden Nacherben könne das Grundbuchamt nicht auf die Beteiligten übertragen.

    Hinweis: Können die Nacherben nicht ermittelt werden, ist durch das Grundbuchamt eine Pflegschaft für unbekannte Beteiligte - ebenfalls von Amts wegen - anzuregen.


    Quelle: OLG Hamm, Beschl. v. 22.04.2022 - 15 W 76/22
    zum Thema: Erbrecht

    (aus: Ausgabe 08/2022)


Zum Thema Familienrecht

  • Corona-Hilfe als Einkommen: Lockdown und Umsatzausfall in der Unterhaltsberechnung
  • Bund und Länder haben Unternehmer, die wegen Corona-Einschränkungen Umsatzausfälle hatten, mit verschiedenen finanziellen Hilfen unterstützt. Im Frühjahr 2020 gab es eine unbürokratische pauschale "Soforthilfe", später gab es "Neustarthilfe" und "Überbrückungshilfen". Wenn ein solcher Unternehmer Unterhaltspflichten hat, ist natürlich fraglich, ob diese Einnahmen ein "unterhaltsrelevantes Einkommen" sind. Beim Oberlandesgericht Bamberg (OLG) landete nun wieder ein Unterhaltsfall mit staatlichen Corona-Hilfen.

    Mit seinem aktuellen Beschluss vom März 2022 grenzte das OLG sich zu den Kollegen in Frankfurt ab, die noch vor kurzem eine andere Auffassung vertraten: Einnahmen aus der Corona-Überbrückungshilfe des Bundes für kleine und mittelständische Unternehmen (Überbrückungshilfe III) sind als gewinnerhöhend bei der Ermittlung des unterhaltsrechtlichen Einkommens des Leistungsbeziehers zu berücksichtigen. Denn anders als bei Corona-Soforthilfen, die als reine Billigkeitsleistung nicht an entgangene Umsätze anknüpften, sondern allein der Hilfe in existentieller Notlage dienten, bestimmt sich die Höhe des Überbrückungsgeldes III nach betrieblichen Kennzahlen zum Ausgleich erheblicher Umsatzausfälle. Der gesetzgeberische Zweck der Sicherung der wirtschaftlichen Existenz erfasse nach Sinn und Zweck die gesamte wirtschaftliche Leistungsfähigkeit des Beihilfebeziehers - und damit sekundär auch die wirtschaftlich von diesem abhängigen Unterhaltsberechtigten. Demgegenüber diente die Corona-Soforthilfe nicht dem Ersatz entgangener Umsätze und Gewinne.

    Hinweis: Bei der Frage, ob ein tatsächliches Einkommen relevant ist oder ob man mit Dreijahresdurchschnitten arbeitet, kommt es auf die Frage an, ob das Gericht zum Zeitpunkt seiner Entscheidung rückwärts oder vorwärts blicken muss. Geht es um zurückliegende Zeiträume, sind die tatsächlichen Verhältnisse des betreffenden Jahres und Monats relevant - geht es um eine Zukunftsprognose, soll der Durchschnitt von drei bis fünf Jahren eine verlässliche Basis für die Annahmen bieten. Das hatte der Bundesgerichtshof schon im Urteil vom 04.07.2007 (XII ZR 141/05) klargestellt.


    Quelle: OLG Bamberg, Beschl. v. 31.03.2022 - 2 UF 23/22
    zum Thema: Familienrecht

    (aus: Ausgabe 08/2022)


  • Kinder aus lesbischen Beziehungen: Keine Hochzeit, keine Stiefkindadoption, kein Umgangsrecht
  • Bei gleichgeschlechtlichen Partnerschaften und ihren Kindern sieht es nach Trennungen nicht anders aus als bei heterosexuellen: Gegen Zank und Enttäuschung bleibt kein Kraut gewachsen - völlig egal, wer wen liebt oder eben auch nicht (mehr). Und so müssen Gerichte wie das Oberlandesgericht Karlsruhe (OLG) sich bei Trennungen Unverheirateter ausschließlich am Kindeswohl orientieren, das in Fällen wie diesem die leibliche Mutter oftmals ganz allein in der Hand hat.

    Zwei Frauen liebten sich zehn Jahre lang und setzten ihren gemeinsamen Kinderwunsch so um, dass eine der beiden künstlich befruchtet wurde und das Kind austrug. Eigentlich sollte die zweite Frau das zweite Kind gebären, aber sie entschieden sich dann anders. Wieder wurde die erste Frau befruchtet. Die zweite Frau nahm die Rolle der Co-Mutter ein, von der Begleitung bei den Geburten bis hin zur alltäglichen Fürsorge für die Kinder. Die Kinder nannten die eine "Mama", die andere "Mom". Rechtlich gab es zwischen der zweiten Frau und den Kindern aber kein Band, die Frauen heirateten auch nicht. Das rächte sich bei der Trennung, denn die nicht-leibliche "Mom" wurde aus der Familie ausgegrenzt und verlor den Kontakt zu den Kindern. Die Kinder waren im Laufe des Gerichtsverfahrens nicht bereit, sich auf ein Treffen mit "Mom" einzulassen. Jugendamt und Verfahrensbeiständin sahen einen Loyalitätskonflikt bei den Kindern und empfahlen eine professionelle Umgangsbegleitung zur Abarbeitung.

    Das Amtsgericht Freiburg und das OLG jedoch halfen der "Mom" nicht. Aus Rechtsgründen war die "Mom" ja nur eine "sonstige Bezugsperson", kein Elternteil, so dass die "Kindeswohldienlichkeit" des Umgangs positiv vom Gericht hätte festgestellt werden müssen. Obwohl das Gericht den von der "Mama" initiierten Beziehungsabbruch nicht guthieß und ihre Kritik am Erziehungsstil der "Mom" nicht mittrug, kam sie damit im Ergebnis durch. Das OLG sah aufgrund der Verhemenz der Ablehnung der "Mama" keine Chance für kindeswohldienliche Kontakte zur "Mom". Sie sehe ihre Aufgabe darin, die Kinder vor Zusammentreffen mit der "Mom" zu schützen. Das OLG war davon überzeugt, dass die "Mama" im Fall der gerichtlichen Anordnung von Umgangskontakten alles daran setzen würde, diese zu verhindern. Weil es dem Gericht nicht gelungen sei, die "Mama" vom Wert des Kontakts zur "Mom" zu überzeugen, werde sie innerlich sowieso nichts mittragen. Der Loyalitätskonflikt der Kinder werde aber ohne ihre MItwirkung nicht aufgearbeitet, sondern würde bei erzwungenem Umgang noch verschärft. Eine Umgangspflegschaft sei für die Kinder mit der Gefahr von Belastungen verbunden und daher nicht "positiv kindeswohldienlich".

    Hinweis: Hätten die Frauen geheiratet, und die "Mom" hätte die Stiefkinder adoptiert, wäre die Rechtslage deshalb eine andere gewesen, weil dann die Umgangskontakte grundsätzlich als kindeswohldienlich gegolten hätten.


    Quelle: OLG Karlsruhe, Beschl. v. 30.06.2022 - 18 UF 22/22
    zum Thema: Familienrecht

    (aus: Ausgabe 08/2022)


  • Kranke Kaninchen: Tierarztkosten sind nicht unterhaltsrelevant
  • Die Haltung von Kaninchen in überschaubarer Anzahl scheint nicht gerade als Luxus einzuordnen zu sein. In Trennungsfragen geht es aber ums Detail, wie in so vielen gerichtlichen Fragen. Und so musste das Oberlandesgericht Brandenburg sich im folgenden Fall mit der Haltung und dem Unterhalt von zwei Kaninchen beschäftigen, deren Erkrankung einen Mann gegen seine (Ex-)Frau um Trennungsunterhalt prozessieren ließ.

    Die beiden betreffenden Mümmelmänner waren im Zuge der Trennung beim Ehemann in der Wohnung geblieben und kosteten diesen angeblich monatlich rund 120 EUR. Der Ehemann hatte diese Höhe nicht plausibel nachgewiesen, aber nicht allein das führte dazu, dass er den Betrag nicht unterhaltsmindernd abziehen durfte. Die Ehefrau hatte nämlich angeboten, die Kaninchen zu übernehmen und ihrerseits dann keine Kosten geltend zu machen. Dass der Ehemann dieses Angebot nicht annahm, sei "wirtschaftlich unvernünftig", und sein Festhalten an den Tieren sei angesichts der insgesamt beengten finanziellen Verhältnisse "unterhaltsrechtlich unbeachtlicher Luxus". Und eben solche Luxusausgaben könnten dem anderen nicht als Abzugsposten entgegengehalten werden. Eine Gleichstellung mit einem für gemeinsame Kinder zu zahlenden Unterhalt sieht das Gesetz nicht vor. Die weiteren Argumente des Mannes, dass einem blinden Kaninchen kein Umzug zuzumuten sei oder dass die Tiere es bei ihm besser hätten als bei der Frau, waren auch nicht entscheidungserheblich.

    Hinweis: Familiengerichte haben recht häufig auch mit tierischen Hausgenossen zu tun. Allerdings gibt es für Hunde, Katzen und andere Haustiere weder Sorge- noch Umgangsrecht, da auf sie die Gesetze wie auf Gegenstände angewendet werden. Sind sie in der Ehe angeschafft worden, gelten sie - bis zum Beweis des Gegenteils - als gemeinsames Eigentum und werden nach den Regeln über Haushaltsgegenstände verteilt.


    Quelle: OLG Brandenburg, Beschl. v. 16.05.2022 - 13 UF 212/19
    zum Thema: Familienrecht

    (aus: Ausgabe 08/2022)


  • Nicht schutzlos ausgeliefert: Betreuungsgericht setzt unredlichen Bevollmächtigen ab
  • Wer mit einer Vorsorgevollmacht jemanden einsetzt, steht einem unredlichen Bevollmächtigten nicht ganz schutzlos gegenüber, wenn er geschäftsunfähig wird. Das ist auch gut so - denn dass auch auch die eigenen Kinder nicht immer ganz so verantwortungsvoll und gewissenhaft mit einer solchen Verantwortung umgehen, zeigt der folgende Fall, den der Bundesgerichtshof (BGH) final zu bewerten hatte.

    Nach einem Schlaganfall lebte eine 71-Jährige im Pflegeheim und war nicht mehr geschäftsfähig. Schon einige Jahre zuvor hatte sie per Vorsorgevollmacht und Bankvollmacht ihren Sohn eingesetzt, der ihre Konten verwaltete. Eine ältere Vorsorgevollmacht, in der ihr Sohn gemeinsam mit ihrer Tochter eingesetzt wurde, hatte sie widerrufen. Nun gab es zwischen den Geschwistern Streit: Die Tochter war nicht damit einverstanden, wie ihr Bruder mit dem Geld umging, und beantragte beim Betreuungsgericht eine Überprüfung der Vollmacht. Das Betreuungsgericht stellte in der Tat fest, dass der Bruder etliche unerklärliche Abhebungen von den Konten gemacht hatte und womöglich vom Geld der Mutter lebte. Sein Vorhaben, die Mutter aus dem Heim zu holen und für sie Pflege zuhause zu organisieren, sei finanziell motiviert und nicht am Wohl der Mutter orientiert. Und so setzte das Betreuungsgericht den unredlichen Sohn als Bevollmächtigen ab.

    Hinweis: Eine Betreuung kann trotz Vorsorgevollmacht erforderlich sein, wenn der Bevollmächtigte ungeeignet ist, beispielsweise wegen Bedenken an seiner Redlichkeit. Dann kann der Betreuungsrichter sogar den geäußerten Willen des Betroffenen übergehen. In vielen solcher Fälle setzt das Gericht einen Kontrollbetreuer oder Überwachungsbetreuer ein, der dem Bevollmächtigten "auf die Finger schaut". Das erschien Amtsgericht, Landgericht und BGH hier aber nicht ausreichend, um den unredlichen Sohn an seinem Tun zu hindern.


    Quelle: BGH, Beschl. v. 11.05.2022 - XII ZB 129/21
    zum Thema: Familienrecht

    (aus: Ausgabe 08/2022)


  • PKH bei ausländischem Wohnsitz: Gericht muss die Kaufkraft aus dem Ausland mit der hiesigen vergleichen
  • Auch wenn man im Ausland lebt, kann man für einen deutschen Rechtsstreit in Deutschland Prozesskostenhilfe (PKH) bekommen - ein Fall, der besonders in den Grenzregionen besonders häufig auftritt, wie hier beim Familiengericht in Konstanz anlässlich einer dort durchzuführenden Scheidung - der Mann lebte in der Schweiz. In der Schweiz sind zwar die Einkünfte höher, aber auch die Lebenshaltungskosten. Deshalb rügte der Mann zu Recht, dass bei seiner Berechnung die deutschen "Freibeträge" nach § 115 Zivilprozessordnung nicht passen. Der Fall landete schließlich beim Oberlandesgericht Karlsruhe (OLG).

    Das OLG verglich dafür beim Statistischen Amt der Europäischen Union (Eurostat) das Preisniveau der Privathaushalte in Deutschland und der Schweiz. Die knapp 1.500 EUR, die der Mann netto nach Abzug aller relevanten Kosten zur Verfügung hatte, entsprachen in Deutschland demnach einer Kaufkraft von lediglich 945 EUR. Ausgehend von diesen 945 EUR wurde ihm dann für das Scheidungsverfahren Verfahrenskostenhilfe (VKH) mit Ratenzahlungsanordnung bewilligt.

    Hinweis: Vor dem Familiengericht heißt es "VKH", diese ist aber inhaltlich identisch mit der "PKH" für Zivil-, Verwaltungs- und Sozialgerichtsverfahren.


    Quelle: OLG Karlsruhe, Beschl. v. 02.05.2022 - 18 WF 32/22
    zum Thema: Familienrecht

    (aus: Ausgabe 08/2022)


Zum Thema Mietrecht

  • BGH bestätigt Zulässigkeit: Legal-Tech-Plattform zur Tätigkeit in Sachen Mietpreisbremse berechtigt
  • Die zunehmende Technisierung von Dienstleistungen betriftt auch immer stärker das Gebiet der Rechtskunde.  Legal-Tech-Plattformen bieten durch die Digitalisierung der juristischen Arbeit ihre Services feil. Potentielle Mandanten müssen dort nur ein paar Daten eingeben - und schon werden sie von einem Computer vertreten. Ob und was genau an weiteren Daten zur Klärung des ihr anvertrauten Sachverhalts eine solche Plattform überhaupt verlangen darf, war Kern der Frage, die der Bundesgerichtshof (BGH) zu beantworten hatte.

    Eine Legal-Tech-Plattform machte die Rechte von Mietern aus der sogenannten Mietpreisbremse gewerblich geltend, ließ sich die Rechte der Mieter abtreten und verlangte in dem hier entschiedenen Fall Auskünfte von dem Vermieter zu den Ausnahmetatbeständen der Mietpreisbremse. Sie begehrte Auskunft über vergangene Mieterhöhungen und Modernisierungen und schließlich die Rückzahlung einer überhöhten Monatsmiete sowie die Erstattung vorgerichtlicher Rechtsanwaltskosten. Die Vorinstanzen hatten die Klage hinsichtlich der Auskunftsansprüche für unzulässig angesehen.

    Der BGH entschied jedoch, dass die Klage der Legal-Tech-Plattform auch in diesem Punkt zulässig ist. Ob tatsächlich ein Auskunftsanspruch besteht, ist dagegen eine Frage der Begründung der Klage und hier sehr zweifelhaft, weil der Vermieter sich bei der Rechtfertigung der vereinbarten Miete lediglich auf die ortsübliche Vergleichsmiete berief und andere Gründe nicht geltend machte. Darüber muss nun jedoch die Vorinstanz entscheiden - denn zulässig war die Klage in jedem Fall.

    Hinweis: Legal-Tech-Plattformen können Betroffenen helfen. Sie ersetzen jedoch nicht die individuelle Beratung und Betreuung durch eine Rechtsanwältin oder einen Rechtsanwalt.


    Quelle: BGH, Urt. v. 23.03.2022 - VIII ZR 133/20
    zum Thema: Mietrecht

    (aus: Ausgabe 08/2022)


  • Eigenbedarfskündigung: Unzureichende Begründung bei weiteren zur Verfügung stehenden Wohnungen
  • Sie ist das Damoklesschwert, das über vielen Mietern zu baumeln scheint, die in einer Eigentumswohnung leben: die Eigenbedarfskündigung. Hier öffnet sich in der Regel ein Fächer an Argumenten, die folglich erst die Richter einzeln untersuchen müssen, um zu bewerten, was mit der Wohnung und dem mutmaßlichen Eigenbedarf passieren soll. Im Folgenden hat sich das Amtsgericht Hamburg (AG) erneut mit der Frage befassen müssen, wann eine Eigenbedarfskündigung ausreichend begründet ist.

    Mieter und Vermieter einer 43 m² großen Wohnung stritten sich gleich über verschiedene Fragen vor den Gerichten. Es ging um eine Wirksamkeit einer Befristung, eine Rüge wegen einer Mietpreisüberhöhung und um erhöhten Bleigehalt im Trinkwasser. Schließlich kündigte der Vermieter das Mietverhältnis fristgemäß wegen Eigenbedarfs für seinen Neffen. Die Kündigung wurde damit begründet, dass der Neffe seinen Wohnsitz aus beruflichen Gründen von Sylt nach Hamburg verlegen müsse. Eine andere passende Wohnung stehe ihm nicht zur Verfügung. Im Haus waren allerdings in den letzten Jahren diverse Wohnungen mit einer Größe von 43 m² oder 65 m² frei geworden, wobei eine Vermietung häufig befristet erfolgte. Schließlich wurde eine Räumungsklage erhoben, als der Mieter nicht auszog.

    Vor dem AG hat der Vermieter diese Klage nun jedoch verloren. Eine Eigenbedarfskündigung ist nicht hinreichend begründet, sobald zahlreiche andere freie Wohnungen im Haus die genannten Kriterien erfüllen und den etwaigen Bedarf hätten befriedigen können. Nachgeschobene Gründe, wie die Geschosslage, waren nicht zu berücksichtigen, sofern sie bereits zum Zeitpunkt der Kündigung gegeben gewesen sein sollen.

    Hinweis: Jede Kündigung im Mietrecht muss gut begründet werden, erst recht eine Kündigung wegen Eigenbedarfs. Nur vorgeschobene Gründe können später zu erheblichen Schadensersatzforderungen des Mieters führen.


    Quelle: AG Hamburg, Urt. v. 04.05.2022 - 49 C 438/21
    zum Thema: Mietrecht

    (aus: Ausgabe 08/2022)


  • Heilbarer Formfehler: Entscheidungen der Eigentümerversammlung, die von Nichtberechtigtem einberufen wurde, sind zulässig
  • Formfehler sind vor Gericht oftmals das entscheidende Zünglein an der Waage, da bereits eine fehlerhafte Ausgangslage alle weiteren Folgen und Rechte zunichten machen kann. Da "können" aber nicht "müssen" bedeutet, war im Folgenden vom Bundesgerichtshof (BGH) zu klären, was passiert, wenn eine Eigentümerversammlung zu Unrecht einberufen worden ist, dort aber durch alle Eigentümer entsprechende Beschlüsse gefasst wurden.

    In einer neu errichteten Wohnungseigentumsanlage war in der Teilungserklärung festgeschrieben worden, dass die Bauträgerin bis zum vollständigen Bezug des Objekts einseitig einen Verwalter bestimmen kann. Die Bauträgerin bestellte dann eine solche Verwalterin, die wiederum zu einer ordentlichen Eigentümerversammlung einlud. Auf dieser Eigentümerversammlung wurden Beschlüsse über den Wirtschaftsplan, über den Plan für die Zuführung zur Instandhaltungsrücklage und Ähnliches gefasst. Dagegen zog ein Eigentümer vor Gericht und meinte, die neue Verwalterin sei nicht ordnungsgemäß bestellt worden, und deshalb seien die Beschlüsse unwirksam.

    Der BGH entschied zwar, dass die neue Verwalterin tatsächlich zu Unrecht bestellt worden war - der Mangel an der Einberufung der Eigentümerversammlung durch einen Nichtberechtigten wurde jedoch geheilt. Denn es hatten sämtliche Wohnungseigentümer sowohl an der Versammlung als auch an der Abstimmung teilgenommen. Es kommt dabei nicht darauf an, ob den Wohnungseigentümern die fehlende Einberufungsberechtigung bekannt war.

    Hinweis: Manchmal sind Formfehler heilbar. Das ist häufig der Fall, sobald mehr als nahe liegt, dass auch ohne den Formfehler nicht anders entschieden worden wäre.


    Quelle: BGH, Urt. v. 11.03.2022 - V ZR 77/21
    zum Thema: Mietrecht

    (aus: Ausgabe 08/2022)


  • Neuversion noch nicht verfügbar: Vorlage eines veralteten Mietspiegels kann für Mieterhöhungsverlangen formell ordnungsgemäß sein
  • Mieterhöhungsbegehren müssen Vermieter stets begründen, sonst wird es nichts mit einer Erhöhung ihres Mietzinses. Oft tun Vermieter dies unter Zugrundelegung eines Mietspiegels. Was aber passiert, wenn der vorgelegte Mietspiegel veraltet ist, musste nun das Amtsgericht Hamburg klären.

    Eine Vermieterin nahm für ihr Mieterhöhungsbegehren Bezug auf den Hamburger Mietspiegel 2019 und fertigte am 23.04.2021 ein Schreiben mit der Bitte um Zustimmung zur Mieterhöhung mit Wirkung ab dem 01.07.2021. Allerdings gab es am 13.12.2021 einen neuen Hamburger Mietspiegel mit dem maßgeblichen (zurückliegenden) Erhebungsstichtag 01.04.2021. Nun meinte der Mieter, unter anderem deshalb wäre die Mieterhöhung unwirksam. Schließlich klagte die Vermieterin auf Zustimmung des Mieters zur Mieterhöhung - mit Erfolg.

    Die Bezugnahme auf die Spannenwerte des Hamburger Mietspiegels 2019 genügte den formellen Anforderungen für eine Mieterhöhung nach § 558a Abs. 2 Nr. 1, Abs. 3 Bürgerliches Gesetzbuch. Ein Erhöhungsverlangen kann formell ordnungsgemäß durch Bezugnahme auf einen "veralteten" Mietspiegel begründet werden - vor allem, wenn der zeitlich nachfolgende neue Mietspiegel zum Zeitpunkt des Zugangs des Erhöhungsverlangens noch nicht allgemein verfügbar ist.

    Hinweis: Vermieter sollten stets den neuesten Mietspiegel nutzen. Aber nicht immer ist ein Erhöhungsverlangen unwirksam, nur weil der alte Mietspiegel verwendet worden ist. Das zeigt dieser Fall deutlich.


    Quelle: AG Hamburg, Urt. v. 29.04.2022 - 48 C 251/21
    zum Thema: Mietrecht

    (aus: Ausgabe 08/2022)


  • Rückforderungen nach Mietpreisbremse: BGH bestätigt mögliche Form der Rechtsverfolgung durch Inkassodienstleistungsunternehmen
  • Inkassobüros genießen einen zweifelhaften Ruf - wohl auch deshalb, weil das Eintreiben von Schulden generell ein unangenehmes Thema für alle Beteiligten ist. Ob auch Mieter ein Online-Inkassodienstleistungsunternehmen damit beauftragen können, die Mietpreisbremse gegen Vermieter durchzusetzen und die unter Vorbehalt gezahlte Miete zurückzuverlangen, musste der Bundesgerichtshof (BGH) klären.

    Ein Mieter trat seine Rechte aus dem Mietvertrag an eine GmbH ab, die ihrerseits Inkassodienstleistungen anbot. Dieses Unternehmen wollte daraufhin gegen die Vermieterin wegen eines Verstoßes gegen die Begrenzung der Miethöhe aus § 556d Bürgerliches Gesetzbuch in Verbindung mit der Berliner Mietbegrenzungsverordnung vorgehen. Sie wollte die Mietpreisbremse bei der Vermieterin durchsetzen und die im Wohnungsmietvertrag vereinbarte Miete auf das höchstzulässige Maß herabsetzen. Außerdem verlangte die GmbH die gezahlte überhöhte Miete zurück. Die Vermieterin hielt die Abtretung an das Inkassobüro jedoch für unwirksam und damit die gegen sie gerichtete Klage für unzulässig. Denn ein Inkassodienstleister dürfe keine Maßnahme der Anspruchsabwehr durchsetzen, sondern lediglich Forderungen einziehen. Mit dieser Argumentation kam die Vermieterin jedoch nicht weiter.

    Es lag in Augen des BGH keine Überschreitung der Inkassodienstleistungsbefugnis vor. In dem Schreiben an die Vermieterin wurde diese zusätzlich aufgefordert, künftig von dem Mieter nicht mehr die als überhöht gerügte Miete zu verlangen, sondern diese auf den zulässigen Höchstbetrag herabzusetzen. Es handelt sich dabei jedoch nicht um eine Reaktion auf ein Verlangen der Vermieterin, sondern um einen engen Zusammenhang mit der zulässigerweise erhobenen Rüge der Mieterin und dem von ihr geltend gemachten Anspruch auf Rückerstattung zu viel gezahlter Miete. Das diente letztendlich dazu, für die Zukunft die Geltendmachung weiterer Rückzahlungsansprüche des Mieters entbehrlich zu machen - und war damit erlaubt.

    Hinweis: In diesem Fall ging es also wieder einmal darum, dass ein Unternehmen sich Forderungen abtreten lässt und diese dann auf eigenes Risiko weiterverfolgt. Der BGH erachtete das jedenfalls als zulässig und als eine mögliche Form der Rechtsverfolgung.


    Quelle: BGH, Urt. v. 30.03.2022 - VIII ZR 121/21
    zum Thema: Mietrecht

    (aus: Ausgabe 08/2022)


Zum Thema Sonstiges

  • Auf mobiler Treppe gestürzt: Auch bei Stürzen ohne erkennbaren Grund haftet laut EuGH die Fluggesellschaft
  • Bei Stürzen und darauf gerichteten Klagen ist immer die Frage, ob entweder die sogenannte Verkehrssicherungspflicht oder aber die gebotene Vorsicht verletzt wurde. So war auch im folgenden Fall der zu klärende Punkt, ob eine Fluggesellschaft allein haftet, wenn eine Flugreisende beim Ausstieg auf einer mobilen Ausstiegstreppe ohne ersichtlichen Grund stürzt. Die Feinheiten musste - nach Vorlage eines österreichischen Gerichts - vorab der Europäische Gerichtshof (EuGH) unter die Lupe nehmen.

    Eine Passagierin war mit Austrian Airlines nach Wien geflogen. Beim Aussteigen auf einer mobilen Treppe stürzte sie ohne feststellbaren Grund. Deshalb verlangte sie von Austrian Airlines Schadensersatz. Das österreichische Gericht wollte nun vom EuGH wissen, ob ein solcher Sturz einen Unfall nach dem Recht über die Beförderung im internationalen Luftverkehr nach dem Übereinkommen von Montreal darstellt.

    Der EuGH urteilte, dass der diesbezügliche Art. 17 Abs. 1 dahingehend auszulegen ist, dass eine Situation, in der ein Fluggast aus unbestimmtem Grund auf einer für den Ausstieg der Fluggäste eines Flugzeugs bereitgestellten mobilen Treppe stürzt und verletzt wird, unter den Begriff "Unfall" im Sinne dieser Bestimmung fällt. Das Luftfahrtunternehmen haftet, sofern es nicht nachweisen kann, dass eine unrechtmäßige Handlung oder Unterlassung des Fluggasts vorliegt. Das heißt, solange kein direkter persönlicher Beitrag nachweisbar ist, der zum Sturz führte, muss die Fluggesellschaft haften. Inwieweit, muss nun das österreichische Gericht feststellen. Die Frau hatte sich zwar nachweislich nicht an den Handläufen abgesichert, aber auch ein minderjähriges Kind dabei, um das sie sich gekümmert hatte. Ebenfalls ist bei der Höhe der noch zu ermittelnden Entschädigungsleistungen zu berücksichtigen, dass die Reisende zunächst darauf verzichtet hatte, sich unmittelbar nach dem Unfall in Behandlung zu begeben, was unter Umständen zu einer Verschlimmerung der Schäden geführt haben könne.

    Hinweis: Der EuGH hat den nationalen Gerichten hiermit weise Ratschläge mit auf den Weg gegeben. Eine Haftung liegt grundsätzlich vor - es müssen aber auch alle entlastenden Tatsachen berücksichtigt werden.


    Quelle: EuGH, Urt. v. 02.06.2022 - C-589/20
    zum Thema: Sonstiges

    (aus: Ausgabe 08/2022)


  • Bestattung in Ost- statt Nordsee: Fehlerhafte Durchführung einer Beisetzung kann Schmerzensgeldforderungen nach sich ziehen
  • Unter dem Motto "Augen auf bei der Berufswahl" mag wohl niemand so schnell auf den Gedanken kommen, dass man stabile Erdkundekenntnisse aufweisen können sollte, wenn man plant, Bestatter zu werden. Doch bedenkt man, dass so mancher Mensch seine letzte Ruhestätte dort haben möchte, wo er seine schönste Zeit verbracht hat, sieht das Ganze womöglich schon anders aus - und so führte ein geographisches Missverständnis zwei Parteien vor das Oberlandesgericht Hamm (OLG).

    Ein Bestattungsunternehmen war von einer Witwe mit der Einäscherung und anschließenden Urnenseebestattung ihres Ehemanns beauftragt worden: Der Verstorbene wollte gerne in der Nordsee bestattet werden. Das Bestattungsunternehmen machte jedoch einen Fehler: Es bestattete den verstorbenen Ehemann in der Ostsee und nicht in der Nordsee. Daraufhin verlangte die Ehefrau des Verstorbenen ein Schmerzensgeld von mindestens 10.000 EUR. Sie behauptete, sie habe aufgrund des fehlerhaften Bestattungsorts ein Psychotrauma entwickelt und leide seitdem an Schlafstörungen, Bluthochdruck und Depressionen.

    Das OLG hatte auf Grundlage eines Gutachtens sowohl die Depression als auch die Schlafstörungen als kausale Folge der Pflichtverletzung des Bestattungsunternehmens anerkannt. Demgegenüber war es nicht davon ausgegangen, dass auch eine akute Belastungsreaktion sowie Bluthochdruck auf die fehlerhafte Durchführung der Bestattung zurückgeführt werden könne. Deshalb erhielt die Frau 2.500 EUR Schmerzensgeld. Es lag zwar durchaus ein fahrlässiges Verhalten des Bestatters vor - ein Schmerzensgeld habe aber nicht die Funktion, einen "Denkzettel" zu verpassen.

    Hinweis: Das OLG zeigt deutlich auf, wo die Grenzen des Schmerzensgeldes zu finden sind. Außerdem werden dort, wo Menschen arbeiten, Fehler gemacht.


    Quelle: OLG Hamm, Urt. v. 15.03.2022 - 21 U 170/21
    zum Thema: Sonstiges

    (aus: Ausgabe 08/2022)


  • Die Katze unterm Sofa: Ein Biss bleibt ein Biss - die Versicherung muss zahlen
  • Der Bundesgerichtshof (BGH) musste sich im Folgenden um einen Fall aus dem Februar 2014 kümmern, in dem ein Mann immer noch auf Schmerzensgeld infolge eines Katzenbisses hoffte. Dieser Biss stand zwar nicht in Zweifel, doch wieder einmal war es die Zahlungsverweigerung einer Versicherung, die das Ganze erst in die Länge und schließlich vor den BGH zog.

    Das war geschehen: Ein Mann war von einer Katze in die Hand gebissen worden. Er behauptete, die Katze gehöre einer Bekannten, und als er mit seiner Hand unter die Schlafcouch gegriffen habe, um diese zusammenzuschieben, habe die Katze zugebissen. Sie habe noch an seiner Hand gehangen, als er diese hochgehoben habe. Deshalb wurde er wegen einer starken Entzündung sechsmal operiert. Schließlich klagte er Schmerzensgeld und Schadensersatz ein. Die zuständige Versicherung jedoch muckte und zog die Schilderungen des Klägers in Zweifel. Wie und wann eine Katze in welcher Art zubeiße, war unter anderem Gegenstand vor den Instanzen.

    Der BGH urteilte nun, dass die Voraussetzungen für einen Schadensersatzanspruch erfüllt waren. Ob die Katze unter dem Tisch oder unter dem Sofa lag, vor Schreck oder aus Aggression zubiss, und ob der Mann das Sofa angehoben habe oder lediglich habe anheben wollen, war in diesem Zusammenhang völlig irrelevant. Der Geschädigte muss nicht den exakten Hergang des Unfalls beweisen, da ja unstreitig war, dass er tatsächlich von der Katze in der Wohnung gebissen worden war. Allerdings hat der BGH die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückverwiesen.

    Hinweis: Steht also eindeutig fest, dass ein Tier zugebissen hat, ist das als unstreitig anzusehen. In diesem Fall sind Schadensersatz und Schmerzensgeld zu leisten.
     
     
     


    Quelle: BGH, Urt. v. 26.04.2022 - VI ZR 1321/20
    zum Thema: Sonstiges

    (aus: Ausgabe 08/2022)


  • Knochenbrüche durch Getränkepfütze: Diskothekenbetreiber muss dafür sorgen, dass die Tanzfläche möglichst frei von Gefahren ist
  • Ob Diskothek oder Club - Jubel, Trubel, Heiterkeit sorgen in den Tanztempeln jeglicher Coleur für ausgelassene Stimmung. Da ist es nur eine logische Folge, dass der eine oder andere Drink daneben geht. Wie es sich aber mit den Folgen eines verschütteten Getränks verhält, sobald jemand auf der nassen Hinterlassenschaft ausrutscht, musste im Folgenden das Oberlandesgericht Karlsruhe (OLG) konkretisieren.

    Eine junge Frau rutschte am Rande der Tanzfläche einer Diskothek auf einer Getränkepfütze aus und zog sich dabei Knochenbrüche am Sprunggelenk und am Schienbeinkopf zu. Sie hielt sich daraufhin zwei Wochen im Krankenhaus auf und wurde dort mehrfach operiert. Nun verlangte sie von dem Betreiber der Diskothek Schadensersatz.

    Das OLG sprach ihr insgesamt fast 37.000 EUR zu, denn es waren die Behandlungskosten und das Krankengeld zu erstatten. Der Betreiber einer Diskothek muss dafür sorgen, dass die Tanzfläche möglichst frei von Gefahren für die Gäste ist. Dazu gehört es, dass die Tanzfläche regelmäßig durch einen Mitarbeiter abgegangen und auf Getränkepfützen sowie Scherben kontrolliert wird. Das kann nach dem OLG zwar nicht bedeuten, dass ständig ein Mitarbeiter mit einem Bodenwischer über die Tanzfläche läuft, um Getränkepfützen oder Scherben zu beseitigen - eine effektive Kontrolle des Fußbodens in gewissen Zeitabständen ist jedoch notwendig.

    Hinweis: Es ist bei derartigen Unfällen wichtig, Beweise zu sichern. Das ist natürlich umso schwieriger, je schwerwiegender die Verletzung ist. Trotzdem kann sich vielfach gerade so etwas wie ein feuchter Fußboden im Nachhinein nur sehr schwer beweisen lassen.


    Quelle: OLG Karlsruhe, Urt. v. 16.03.2022 - 7 U 125/21
    zum Thema: Sonstiges

    (aus: Ausgabe 08/2022)


  • Schwellenwert unterschritten: Prämienanpassung eines privaten Krankenversicherers trotz unwirksamer Prämienanpassungsklausel
  • Alles wird teurer - auch die Gesundheitsvorsorge. In dem folgenden Fall, der bis vor den Bundesgerichtshof (BGH) ging, wollte sich ein Mann gegen Beitragserhöhungen seiner privaten Krankenversicherung wehren. Zwar lag der Kläger dabei nicht ganz falsch, Glück hatte er mit der Entscheidung jedoch nicht. Lesen Sie selbst.

    Der Mann war privat krankenversichert. In der Jugend war das günstig, im Alter wurden die Beiträge immer höher. Schließlich war er mit mehreren Beitragserhöhungen nicht einverstanden und hielt sie für unwirksam. Daher klagte er auf Rückzahlung der erhöhten Beiträge.

    Der BGH urteilte tatsächlich, dass ein Teil der Prämienanpassungsklausel in den Tarifbedingungen des Versicherers zwar unwirksam war - dennoch hatte der Versicherte hier Pech. Denn die hier anzuwendende Klausel wich nicht von den gesetzlichen Vorschriften über die Prämienanpassung zum Nachteil des Versicherungsnehmers ab. Das Versicherungsunternehmen hat also mit sehr viel Glück gewonnen. Eine wirksame Grundlage für Prämienanpassungen in der privaten Krankenversicherung war in § 8b Abs. 1 Musterbedingungen 2009 für die Krankheitskosten- und Krankenhaustagegeldversicherung in Verbindung mit den Tarifbedingungen des Versicherers enthalten: Dies betrifft Beitragserhöhungen, bei denen der Vergleich der erforderlichen mit den kalkulierten Versicherungsleistungen eine Abweichung über dem tariflich festgelegten Prozentsatz von 5 % ergeben hat, der gesetzliche Schwellenwert von 10 % aber nicht überschritten wird.

    Hinweis: Trotz des Urteils lohnt es sich stets, Beitragserhöhungen der Krankenkasse durch einen versierten Rechtsanwalt prüfen zu lassen. Und die nächsten Beitragserhöhungen werden mit Sicherheit kommen.


    Quelle: BGH, Urt. v. 22.06.2022 - IV ZR 253/20
    zum Thema: Sonstiges

    (aus: Ausgabe 08/2022)


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